Philosophie

Biologisch-Dynamische Landwirtschaft

Als eines der wichtigsten Inspirationen dient uns die Form der Landwirtschaft, welche Rudolf Steiner initiiert hat. Er wurde dazu mehrfach von verschiedenen Landwirten gebeten, sagte aber erst zu, nachdem Graf Keyserlingk seinen Sohn zu ihm schickte und ihm auftrug, er dürfe erst nach einer positiven Antwort von Steiner heim kommen.

Somit gab er 1924 acht Vorträge mit Fragen­beant­wortun­gen zum Thema Land­wirtschaft, fußend auf der Welt­anschauung der von ihm entwickelten Geistes­wissenschaft, welche er Anthroposophie nennt. Diese zu erläutern würde hier den Rahmen sprengen, jedoch sei gesagt, dass es Steiner wichtig war, dass sie nach­vollziehbar sei und erkenntnis­theoretisch auf eine gute Basis gestellt ist.

Die Ideen im Landwirtschaftlichen Kurs Rudolf Steiners, so werden die Vorträge genannt, sind nicht mehr reines Grundlagenwerk sondern darauf aufbauend. Daher gab es für die damals teil­nehmenden Land­wirte das Auf­nahme­kriterium, dass man sich schon mit gewissen Grundlagen­werken von Steiner auseinander gesetzt haben sollte. Wer den land­wirt­schaftlichen Kurs nachliest wird dies schnell bemerken! Viele Ideen darin wirken eher als Entwurf und manches kommt einem beim ersten Lesen als Wider­spruch vor. Man braucht also eine gewisse Offen­heit, damit die meist sehr weitreichenden, holistischen Ideen im eigenen Denken und Fühlen einen Platz finden, in dem sie sich zur Gänze ausbreiten können! Meine Erfahrung ist jedoch, dass die Ideen so weit gedacht sind, dass man immer wieder etwas Neues daran entdecken kann, was einen dann für das Tun inspiriert. Und das finde ich schön!

Nun möchte ich ein paar dieser Ideen hier anführen und ein bisschen erläutern, damit man eine ungefähre Vorstellung davon bekommen kann.

Eine der Hauptideen des Landwirtschaftlichen Kurses ist die Idee von der Landwirtschaftlichen Individualität. Jede Landwirtschaft ist als eigene Individualität zu fassen und hat daher eine besondere Beziehung zum Menschen. Für Steiner steht sie sehr klar in einem bestimmten Weltgefüge. Sie reicht bis in den Kosmos und zum Erdmittelpunkt. Wenn man sich dies bei einer Kulturpflanze vergegenwärtigt, sieht man, dass sie mit den Wurzeln zum Erdmittelpunkt strebt (Geotropismus) und oberirdisch der Sonne entgegen wächst (Heliotropismus). Somit hat man schon einen immanenten Teil der Landwirtschaftlichen Individualität: die Pflanze, welche in dieses Spannungsfeld gestellt ist. Im Landwirtschaftlichen Kurs werden diese kosmische Kräfte bzw. Wirkungen noch stärker differenziert, aber das würde wiederum hier zu weit führen.

Ein anderer Aspekt der bio-dynamischen Landwirtschaft ist die Idee eines Hof-Organismus. Konkret bedeutet das, dass man eine Kreislaufwirtschaft hat, in der man mit Tieren seinen eigenen Mist bekommt und damit die Flächen düngt, auf welchen das Futter für den Hof wächst. Als besten Mist haben wir natürlich den Wiederkäuermist, da dieser durch deren spezielle Verdauung am besten umgesetzt wird. Andere Tiere am Hof erfüllen wieder andere Aufgaben und haben andere Talente, um die Herausforderungen und Bedürfnisse eines Hofes abzudecken. Es gibt also quasi verschiedene Organe/Teile, welche sich zu einem Ganzen formen und aufeinander abgestimmt sind. Steiner bemerkt in diesem Kontext, dass wenn man etwas hinzufügt zum Hoforganismus, dies höchstens als Heilmittel gedacht werden sollte. Wenn wir unsere moderne Landwirtschaft betrachten, sehen wir eher eine starke Tendenz zur Vereinzelung oder Spezialisierung und weniger zum harmonischen Gemischtbetrieb, bei dem die Zusammenhänge besser ablaufen können. Sicher hat die Spezialisierung in der Landwirtschaft wie sie aktuell organisiert ist große ökonomische Vorteile: Rationalisierung, große Maschinen, schnelle Erledigung der Arbeiten mit wenig teurem Personaleinsatz. Jedoch werden dadurch leider auch sehr viele faule Kompromisse gemacht bzw. sind nötig, z.B. weniger Bio-Diversität, Kunstdünger aus Erdöl, Phosphate aus Südamerika, Massentierhaltung usw.

Die biologisch-dynamischen Präparate:

Vielleicht hat man davon schon gehört. Oft werden sie belächelt. Wer kommt schon auf die Idee, Mist in ein Kuhhorn zu stopfen und das über die Winterzeit zu vergraben? Oder Bergkristall zu feinem Puder zu vermahlen und wiederum in die Erde einzugraben, aber diesmal über den Sommer?!

Erstaunlicherweise sind sogar die Inder schon auf die Idee mit dem Mist und dem Kuhhorn gekommen, aber dort sind die Kühe ja heilig!

Die Spritzpräparate Hornmist und Hornkiesel, wie sie oben angedeutet wurden, sind eine Folge aus den Ideen des Landwirtschaftlichen Kurses und wurden 1924 zu Pfingsten erstmals vorgestellt. Im Kontext der landwirtschaftlichen Individualität sind sie ein wichtiger Bestandteil, so wie auch die Kompostpräparate, welche man in kleinen Dosen dem Kompost beimengt. Diese sind ein bisschen anders geartet. Sie bestehen aus einer Pflanzendroge ummantelt mit einer tierischen Hülle (einem tierischen Organ) und werden im Winter den Erdprozessen hingegeben (vergraben) nachdem sie den Sommer über oberirdisch der Atmosphäre ausgesetzt wurden. Nur der Mensch hat die Möglichkeit als selbstbewusstes Wesen diese Substanzen herzustellen, indem er die Naturreiche von Pflanze und Tier miteinander verbindet. Die Wirkung wird im landwirtschaftlichen Kurs bis auf die physischen Elemente, jedoch als Prozess, im Naturzusammenhang erläutert. Hier sollte noch erwähnt werden, dass die angeführten Präparate harmonisierend wirken und als Impulsgeber für die Landwirtschaft dienen. Jedoch können, wenn man die Zusammenhänge weiter denkt, noch spezifischere oder z.B. dem Betrieb angepasste Präparate weiterentwickelt werden. Sie sind also durchaus ausbaufähig und werden auch weiterhin erforscht und weitergetragen. Zu beachten ist auch hier, dass man mit den Präparaten immer noch innerhalb des Hoforganismus bleibt, da die tierischen Hüllen und die Heilpflanzen (Brennnessel, Schafgarbe, Kamille, …) ja direkt am Hof wachsen. Die Abhängigkeit gegenüber Faktoren von außen ist daher bei dieser Idee von Landwirtschaft so gering wie möglich, es ist sozusagen eine Art landwirtschaftliche Urzelle!

Der Öko­system­gedanke ist im Land­wirt­schaftlichen Organismus auch stark vertreten. Die Landwirtschaft wird nicht als reine Produktionsstätte gesehen, sondern es werden Verbindungen zu wichtigen Land­schaft­s-Elementen eingegangen. Die Auen bzw. sumpfigeren Landstriche beherbergen mehr das Pilzartige, Parasitäre, so wie die Wälder bzw. Bäume für Vögel einen Lebensraum bieten. Und Hecken, also Sträucher, sind sehr wichtig für unsere Säugetiere wie z.B. das Rind. Auch hier versucht man das große Ganze nicht aus den Augen zu lassen, da auch das Umfeld die biologisch-dynamische Fläche auf sensible Art beeinflusst.

Ideen zur Düngung und Nahrung:

Es wird die große Frage gestellt, was uns denn eigentlich nährt? Und im Zusammenhang dazu die Frage, was man eigentlich unter Düngung versteht. Dies ist ein sehr komplexes Thema, daher möchte ich es hier nur kurz anreißen. Die Anthroposophie als Erkenntnistheorie beinhaltet eine Kritik an der Naturwissenschaft: im Unterschied zu ihr sieht die Anthroposophie die Grenzen nicht beim Objekt, das zur Analyse zerteilt werden muss (also z.B. aus seinem Lebenszusammenhang gerissen werden muss), sondern traut dem Menschen die Fähigkeit zu, die Dinge tiefer zu erkennen. Dies wird als Erkenntnisweg geschildert und mit dem Begriff Geisteswissenschaft benannt. Somit wird es möglich, das Lebendige erkenntnismäßig anders aufzufassen und wahrzunehmen. Die Düngung und was uns nährt bewegt sich in diese Ebenen hinein, wenn man sie nicht rein materiell von außen betrachten möchte. Innerlich gesehen würde man daher dann eher von Kräften sprechen als von Stoffen, obwohl man sich Kraft meist auch wieder materiell von außen denkt, da unser Denken sehr stark materiell geprägt ist.

Als Hilfe für die Vorstellung gibt es den Begriff der Bildekräfte, welche z.B. die Pflanze bilden. Wo sie herkommen und wie man sie beeinflussen kann ist Frage der Düngung. Was sie sind und wie sie wirken geht in die Richtung der Frage, was uns wirklich nährt.

Dies und weitere Ideen werden im landwirtschaftlichen Kurs aufgegriffen und weitergedacht. Sie dienen als Grundlage zur Inspiration in der Demeter-Bewegung und werden laufend weiterentwickelt.

Die Richtlinien sind die Mindeststandards und geben eine Untergrenze an, wie biologisch-dynamisch gewirtschaftet werden sollte. Nach oben gibt es viel Spielraum, der auch ausgenutzt werden sollte, damit die Bewegung nicht zum Stillstand kommt!

Wir bemühen uns als Orterhof Teil dieser Bewegung zu sein und hoffen, dass wir mit großen Schritten in eine bessere Zukunft gehen können!