Da der alte Kuhstall durch den Bau eines Heizraumes verkleinert wurde und wir trotzdem den alten Stall wieder nutzen möchten, liegt es nahe, dass wir uns Kleinrinder mit einer geringen Widerristhöhe anschaffen, die weniger Platz benötigen. Zudem erhoffen wir uns, dass das Obst der Fruchtbäume auf der Obstwiese, welche als Weidefläche dienen wird, von den Kleinrindern weitgehend unerreicht bleibt, da diese nicht so hoch hinauf reichen können.
4 Zwergzebus sind im Anmarsch: 3 Kühe und 1 Stier.
Am 28. März 2023 war es endlich so weit. Unsere vier aus dem benachbarten Mühlviertel stammenden Zwergzebus sollten in ihr neues Zuhause nach Reichering gebracht werden. Was sich in der Theorie als relativ simples Unterfangen darstellte: 4 Zwergzebus in einen Anhänger von ausreichender Größe lotsen, dann 1,5-stündige Fahrt nach Reichering und anschließend die Zwergzebus erstmal im Stall belassen, damit sie sich beruhigen und an die neue Umgebung gewöhnen können, wurde zu einem Nervenkitzel der besonderen Art, welches die Querfeldein-Verfolgungsjagd der Leitkuh bis nach Zell am Pettenfirst mit anschließendem Einsatz der hiesigen Feuerwehr inkludierte. An dieser Stelle möchten wir uns nochmal für die großartige Hilfe aller Beteiligten bedanken! Ohne euch und eure fantastische Zusammenarbeit wäre es schlicht und weg unmöglich gewesen unsere Betty wieder einzufangen.
Nach dem ersten Schock durften die Rinder erstmal im Stall zur Ruhe kommen. Und wir bemerkten, dass es tatsächlich an die drei Tage dauerte, bis sie sich entspannten. Da sie an das ganzjährige Leben auf der Weide gewöhnt sind, langweilten sie sich schnell im Stall. Daher wagten wir es schließlich nach etwa einer Woche, die Herde auf die Weide zu lassen. Während Sophie und Tina, die beiden Kalbinnen und Magnus, der zurückhaltende, scheue Stier erfreut die Weide begutachteten, büxte unsere Betty noch zwei Mal aus. Einmal ging sie jedoch von selbst zu ihrer Herde zurück und ein zweites Mal ließ sie sich mit der Hilfe von Äpfeln, die sie leidenschaftlich liebt, zurück in die Weidefläche locken. Zwergzebus sind, laut Literatur, sehr standorttreue Wesen, wenn sie ausreichend Wasser und Futter zur Verfügung haben. Ansonsten stellt ein Zaun, unabhängig ob Elektro oder Holzlatten, kein Hindernis dar. Wir denken, dass die Tiere sehr stark mit ihrer natürlichen Umgebung verbunden sind und auch ihren körpereigenen, zirkadianen Rhythmus mit dem Lebensraum abstimmen. Damit stellt eine Übersiedelung einen gravierenden Einschnitt dar, da die Tiere, herausgenommen aus ihrer natürlichen Umgebung, völlig aus ihrem rhythmischen Gleichgewicht fallen und es Zeit braucht, dass sie dies in Abstimmung mit der neuen Umgebung erneut aufbauen.

Zwergzebus stammen, wie auch europäische Hausrinder, vom Auerochsen ab. Ursprünglich sind sie in eher ariden Gebieten des Orients, Ostafrika bis Sri Lanka beheimatet und kommen daher mit höheren Temperaturen und steppenartigen Buschland gut zurecht. „Zebu“ leitet sich vom tibetanischen Begriff für „Buckel“ ab, damit gemeint ist der mal weniger, mal stärker ausgeprägte Höcker im Widerristbereich. Zwergzebus sind sehr genügsame Tiere mit einer ausgezeichneten Grünfutterverwertung und können in unseren Breiten das gesamte Jahr über im Freien mit einem von drei Seiten geschützten Unterstand gehalten werden. (Quelle: Sambraus, 2016; Farbatlas Nutztierrassen, 8. Auflage) Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Tiere eine Vorliebe für Äpfel und das frische Grün der Sträucher und Bäume haben.





Seit 2023 haben wir nun 3 Kälber bekommen! Als erstes kam Talaith. Ziemlich klein und in einer kalten Frühlingszeit zur Welt gekommen, machten wir uns zuerst Sorgen, ob sie es überhaupt schaffen wird. Auch Betty brauchte ein paar Tage, bis sie das Kalb von Tina akzeptierte und es nicht dauernd in der Gegend herum schubste. Gott sei Dank waren die Sorgen unbegründet! Es wuchs heran und ist, obwohl es doch durchschnittlich kleiner ist, als die anderen, mit ihrer „Fleckviehzeichnung“ etwas ganz Besonderes. Betty hat mittlerweile jedes Jahr einen kleinen Stier zur Welt gebracht (2023 Barlo und 2024 Bilbo). Somit sind sie nun zu siebt und das Herdengeschehen ist um einiges dynamischer geworden.



Müsset im Naturbetrachten immer eins wie alles achten:
Nichts ist drinnen, nichts ist draußen;
J. W. von Goethe
denn was innen, das ist außen.
